Über den Tod sprechen und warum das wichtig ist
Bild: Wiebke Jahns
Wenn Menschen älter werden, beginnen sie vermehrt, über den Tod zu sprechen, und beginnen Sätze mit der Floskel: „Wenn ich dann irgendwann nicht mehr bin.“ Die Kinder und Urenkel tun diese Bemerkungen ab: „Ach, Oma. Noch ist es doch nicht so weit.“ Soweit wie möglich wird es vermieden, über das Unvermeidliche zu sprechen.
Früher haben Familien mit mehreren Generationen im selben Haus gewohnt und es war selbstverständlich, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Erst kümmern sich Eltern um ihre Kinder und später ist es dann umgekehrt. Die Themen Pflegebedürftigkeit, Krankheit und Alter sind nicht leicht anzusprechen, denn die Selbstbestimmung möchte niemand gerne aufgeben. Und doch geht es beim Thema Vorsorge mitunter auch um das „Was wäre, wenn?“.
- Was wäre, wenn die Mutter im Koma liegt?
- Was wäre, wenn der Vater in Folge einer Krankheit seine Arme und Beine nicht mehr bewegen kann?
- Was wäre, wenn die Eltern an Demenz erkranken und irgendwann ihr Leben nicht mehr selbst bestreiten können?
Wer sich nicht frühzeitig um das Thema Betreuung kümmert und keine Vollmacht verfasst, bekommt im Fall der Fälle einen gesetzlichen Vormund bestellt, auch wenn es noch Kinder oder andere Verwandte gibt. Sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Angehörigen, die nun jeglicher Entscheidungsgewalt entmachtet werden, ist dies eine schreckliche Vorstellung. Ein Argument mehr, mit der Familie oder engen Freunden über die „Was wäre, wenn?“-Fragen zu sprechen.
Was wäre, wenn ich morgen sterbe?
Patientenverfügung, Betreuungsvollmacht, Testament, Bestattungsvorsorge – nicht jeder Mensch benötigt alles. Am wichtigsten ist es, einfach einmal miteinander zu sprechen. Im Falle von medizinischer Versorgung: Was ist einem selbst wichtiger? Lebensdauer oder Lebensqualität? Im Falle des eigenen Todes: Wo möchte man bestattet werden? Gibt es bereits ein Grab? Wurde finanziell vorgesorgt? Die wichtigsten Erkenntnisse sollten in der jeweils rechtsgültigen Form festgehalten werden. Aber was nutzt ein ausgereifter Plan, wenn davon niemand weiß und die Unterlagen in dieser Situation nicht sofort auffindbar sind? Oma wollte nicht wiederbelebt werden? Zu spät.
Wenn der Vater schon zu Lebzeiten die Entscheidung getroffen hat, im Falle des Todes in einem Wald bestattet zu werden, entlastet das die trauernden Angehörigen, da sie nicht darüber nachgrübeln und streiten müssen, welche Bestattungsart in seinem Sinne gewesen wäre. Sie haben Zeit, Abschied zu nehmen und sich der Trauer zu widmen. Warum soll man eine pompöse Trauerfeier veranstalten, wenn das geheuchelt wäre? Warum sollte man es schlicht und einfach halten, wenn der Verstorbene gerne große Feste feierte und so noch einmal alle zusammenkommen können?
Würde bedeutet, im Sinne des Verstorbenen zu handeln
In meinem Heimatort gab es einen Taubenzüchter, der keine Familie hatte. Seine Vereinskollegen und die Tauben waren alles, was ihm blieb. Als er schwer erkrankte, war bereits geklärt, wer sich um die Tiere kümmert und diese auch im Fall der Fälle weiter versorgt. Und er sprach zu seinen Freunden, er wünsche sich nichts, außer dass sie nach seiner Beisetzung auf ihn trinken sollen. Als er gestorben war, haben sich alle Vereinskollegen zusammengefunden und ihm in der Kneipe die letzte Ehre erwiesen, so, wie er es sich gewünscht hat.
Wenn nicht darüber gesprochen wurde, neigen Menschen in der Unwissenheit dazu, Entscheidungen zu treffen, weil sie diese für sich selbst für richtig halten würden. So streiten die Kinder darüber, ob die Urne des Vaters im Meer, auf dem Friedhof oder an einem Baum beigesetzt werden soll und vergessen dabei gänzlich, was er sich selbst gewünscht hätte. Natürlich ist eine Trauerfeier größtenteils für die Angehörigen da. Wenn man weiß, was der Verstorbene sich wünschte, ist es ein Stückchen leichter, den Tod anzunehmen und trauern zu können.
Bild: Wiebke Jahns